Freiwillige statt Wehrpflichtige, eine kleinere Truppe, veränderte Führungsstrukturen - die Bundeswehr steht vor einer tiefgreifenden Reform. Kosmetik reiche nicht, betonte der Verteidigungsminister bereits. Auf der Bundeswehr-Tagung in Dresden will er zusammen mit der Kanzlerin klarmachen, wohin die Reise geht.
Von Michael Götschenberg, MDR, ARD-Hauptstadtstudio
Die Bundeswehr hat einiges vor sich: Die Truppe von morgen soll völlig anders aussehen als heute, die Bundeswehr steht vor der wohl tiefgreifendsten Reform ihrer Geschichte. "Alle vorliegenden Analysen und Empfehlungen unterstreichen die Notwendigkeit tiefgreifender Änderungen, mit kosmetischen Maßnahmen alleine wird es nicht getan sein", umschrieb Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg die bevorstehende Aufgabe.
Mammutaufgabe Bundeswehrreform - aber der Minister scheut sie nicht. Im Gegenteil: An der Reform der Truppe führt seiner Ansicht nach kein Weg vorbei. Traditionelle Landesverteidigung - das war gestern, die Bundeswehr von heute steht vor anderen Aufgaben. "Wir sind eine Armee im Einsatz mittlerweile und haben teilweise noch Strukturen, die noch den Geist von vor 20, 25 oder 30 Jahren atmen und hier muss dringend etwas geschehen." Und das heißt vor allem: Die Truppe soll kleiner und gleichzeitig flexibler werden. Von aktuell 250.000 Männern und Frauen in Uniform sollen nur noch 165.000 übrig bleiben. Das ist die Mindestgröße. Genaue Zahlen gibt es noch nicht.
Gleichzeitig soll die Truppe neu ausgerichtet werden. Das Ziel: Künftig sollen mehr Soldaten als bisher in Auslandseinsätze geschickt werden können. Zur Zeit ist das Limit nämlich schon bei 10.000 erreicht. Dass es auch künftig vor allem um Einsätze im Ausland geht, daran besteht kein Zweifel - auch wenn die NATO gerade erst beschlossen hat, ihren Einsatz in Afghanistan bis 2014 abgewickelt zu haben. "Terrorismus, zerfallene Staaten - das sind die Herausforderungen der Zukunft, gegen die wir uns wappnen müssen", sagte Angela Merkel in ihrer aktuellen Videobotschaft. Deshalb sei es auch notwendig, die Bundeswehr auf diese neuen Herausforderungen endlich strukturell vorzubereiten, so die Kanzlerin.
Strukturell vorbereiten heißt dabei auch: die Wehrpflicht aussetzen. Künftig soll niemand mehr zum Dienst an der Waffe eingezogen werden. Der Wehrdienst soll ein Freiwilligendienst werden, offen für Männer und Frauen. Das kann Guttenberg bereits als Erfolg für sich verbuchen: CDU und CSU haben den Abschied von der Wehrpflicht auf ihren Parteitagen bereits abgenickt.
Umstritten ist dagegen noch, wie groß die Truppe denn genau werden soll. Genauso wie die Frage, welche militärischen Fähigkeiten die Bundeswehr von morgen haben soll - zum Beispiel wie viele Kampfpanzer sie noch braucht. Und dann geht es natürlich auch darum, den Soldatinnen und Soldaten zu erklären, was auf sie zukommt. "Die Menschen in der Bundeswehr sind bereit, diesen Reformweg mitzugehen, sie erwarten aber ein Höchstmaß an Kommunikation, um zu kapieren, wo die Reise hingeht", sagt Ulrich Kirsch, der Vorsitzende des Bundeswehrverbandes.
Genau das dürften die Kommandeure der Bundeswehr heute in Dresden von der Kanzlerin und vom Verteidigungsminister erwarten. Dabei herrscht nicht nur eitel Sonnenschein: In der militärischen Führung ärgern sich einige beispielsweise darüber, dass immer nur von weniger Soldaten die Rede ist. Niemand redet aber von den zivilen Mitarbeitern der Bundeswehr - und das sind immerhin knapp 100.000. Warum nicht auch hier das Messer ansetzen? Schließlich geht es bei der Bundeswehrreform auch um Kostenreduzierung, hört man bei Bundeswehr-Generälen. Der Verteidigungsminister dürfte heute also nicht nur Beifall für seine Pläne bekommen. Eins jedenfalls ist sicher: Bis die Reform der Bundeswehr unter Dach und Fach ist, ist es noch ein langer Weg.
联系客服